Automobilindustrie: Volle Fahrt Richtung Zukunft

Als Ingenieur:in kannst Du nicht nur bei den großen Automotive-Playern arbeiten

Sonja Engels
Fertigungsstraße für Autos

Die traditionsreiche deutsche Automobilindustrie steht vor einer riesigen Herausforderung: Sie muss sich in Zeiten von Digitalisierung, Elektromobilität und Nachhaltigkeit neu erfinden. Trotz eines immer noch hohen Umsatzniveaus ist die Branche stark von globalen Krisen und Marktveränderungen geprägt. Besonders bei der schnellen Umsetzung der sogenannten Industrie 4.0 steht sie unter hohem Druck. Welche Bedeutung die Automobilindustrie für unsere deutsche Wirtschaft hat, warum es gerade kriselt und welche Zukunftsthemen für Dich als Ingenieur:in in dieser Branche im Fokus stehen, erfährst Du hier!

Bedeutung der Automobilindustrie für Deutschland

Mit einem Umsatz von 564 Mrd. Euro im Jahr 2023 ist die Automobilindustrie der wichtigste Industriezweig in Deutschland. Sie gliedert sich in drei Teilbereiche:

Kraftfahrzeughersteller: VW, Mercedes und BMW prägen die Branche

Der größte Anteil des Branchenumsatzes entfällt auf die Hersteller von Fahrzeugen und Motoren, die mit 458 Mrd. Euro (2023) mehr als drei Viertel des Branchenumsatzes erwirtschaften. Hierzu gehören bekannte Konzerne wie Volkswagen, BMW oder Mercedes-Benz. Sie prägen nicht nur den Automobilsektor, sondern auch den internationalen Ruf Deutschlands als Industriestandort. Weltweit sind diese drei auch in den Top 15 der größten Automobilhersteller, Volkswagen auf Platz 2, aber als einziger in den Top 10.

Statistik der 20 größten Fahrzeughersteller weltweit.

Quelle: SpringerProfessional, Schwerpunkt Automobilproduktion (2024)

Hidden Champions: Tier-1, Tier-2 und Tier-3-Zulieferer

Die Zulieferer steuern rund 16,3 Prozent zum Branchenumsatz bei und spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Produktion innovativer Technologien, beispielsweise bei Batterien für Elektrofahrzeuge, Sensorik oder Leichtbaumaterialien. Sie lassen sich in Tier-1-, Tier-2- und Tier-3-Zulieferer einteilen. Diese Klassifikation beschreibt, wie nah ein Zulieferer am Automobilhersteller (OEM = Original Equipment Manufacturer) angesiedelt ist und welche Art von Produkten oder Dienstleistungen er liefert: Tier-1-Zulieferer stellen z. B. komplexe Baugruppen oder Systeme, wie bspw. Fahrassistenzsysteme oder Bremskomponenten und liefern diese direkt an die Hersteller. Tier-2-Zulieferer liefern dafür spezifische Komponenten, wie z. B. Halbleiter. Tier-3-Zulieferer versorgen die Stufe 2 mit den nötigen Rohstoffen oder Grundkomponenten. Viele Tier-2- und Tier-3-Zulieferer zählen zu den sogenannten Hidden Champions – hoch spezialisierte Unternehmen, die in ihrer Nische weltweit führend sind, aber weniger bekannt sind.

Schlüsselposition in der Logistik: Hersteller von Anhängern und Aufbauten

Auch die Hersteller von Anhängern und Aufbauten spielen trotz ihres relativ geringen Umsatzanteils von etwa 2,6 Prozent eine zentrale Rolle in der Automobilindustrie, insbesondere im Bereich der Nutzfahrzeuge. Diese Spezialisten liefern maßgeschneiderte Lösungen für den Transport- und Logistiksektor, die oft nicht von den großen Fahrzeugherstellern selbst abgedeckt werden. Ihre Produkte umfassen Anhänger, Aufbauten für Lkw sowie Speziallösungen wie Kühlfahrzeuge, Kippaufbauten oder Tankauflieger. Unternehmen wie Schmitz Cargobull, Krone oder Kögel gehören in diesem Bereich zu den führenden Playern.

Automobilindustrie in der Krise?

Das Aushängeschild der deutschen Industrie brachte aber zuletzt mehr Sorgen als Grund zur Euphorie: 2023 waren die Werke der Automobilhersteller nur zu gut zwei Dritteln ausgelastet. Hohe Fertigungskosten, schwache Verkaufszahlen, besonders im Bereich der Elektromobilität, bereiten den Konzernen Kummer. Statt ungebrochenem Wachstum ist derzeit von Werksschließungen und Stellenabbau die Rede. Woran liegt das?

Deutschland gilt als Exportnation. In der Automobilindustrie wird das ganz deutlich: Rund 76 Prozent der in Deutschland produzierten PKW werden exportiert. Deshalb ist die Branche stark auf den Zugang zu Auslandsmärkten angewiesen. Geopolitische Spannungen und Handelsbeschränkungen treffen die deutsche Industrie deshalb besonders stark. Und die Autobauer im Ausland schlafen natürlich auch nicht: Besonders das traditionell starke China-Geschäft gestaltet sich durch immer größere lokale Konkurrenz zunehmend schwierig.

Die Automobilhersteller haben zuletzt sehr in das Thema Elektromobilität investiert. Einige Experten bemängeln, sie waren damit im internationalen Vergleich zu spät und die angebotenen Autos zu teuer. Sicher ist: Die Absatzzahlen sind besonders in diesem Bereich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auch hier ist die geopolitische Lage komplex: Werden in anderen Ländern Produktionsstandards anders gehandhabt oder die Industrie stärker subventioniert, ergeben sich dort natürlich Wettbewerbsvorteile.

Ebenso haben die reduzierte Förderung für Elektroautos und die Streichung des Umweltbonus in Deutschland 2023 für Unruhe auf dem Markt gesorgt. Viele Käufer:innen haben ihre Käufe vorgezogen, um noch von den höheren Förderungen zu profitieren, was dazu führte, dass 2023 weniger Autos neu zugelassen wurden als erwartet. Gleichzeitig kann es für Autobauer wirtschaftlich sinnvoll sein, die Produktion direkt dahin zu verlegen, wo der Absatzmarkt der PKW größer ist. Für die Angestellten der Automobilindustrie sind das natürlich keine guten Nachrichten.

Die Zukunft der Automobilindustrie: Hier bist Du gefragt!

Ja, das klingt nicht so gut. Aber diese Erkenntnisse sind natürlich längst in der Industrie angekommen. Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) planen die Unternehmen der Autobranche bis 2028 Investitionen in Höhe von ca. 280 Mrd. Euro im Bereich Forschung und Entwicklung. In seinem Jahresbericht 2023 stellt der VDI dar, dass „jeder dritte Euro, den Unternehmen in Deutschland in Forschung und Entwicklung investieren, […] aus der Automobilindustrie [stammt]“. Und auch die Politik hat natürlich ein großes Interesse am Fortbestehen dieser Traditionsbranche. Konjunkturpakte sollen besonders für Investitionen im Inland sorgen, um die Industrie unabhängiger von globalen Krisen und damit zukunftsfähig zu machen.

Und wohin soll die Reise gehen? Schauen wir uns die Trends an, die uns heute und morgen beschäftigen werden:

Dekarbonisierung: E-Autos sind nur ein Teil der Lösung

Okay, Nachhaltigkeit selbst kann kaum als Trend gelten; die Faktenlage zum menschengemachten Klimawandel ist eindeutig. Wie begegnet die Automobilindustrie den Ansprüchen an eine klimagerechte Mobilität? Oberstes Gebot ist in diesem Zusammengang die CO₂-Reduktion. Politische Vorgaben (z. B. EU-Grenzwerte) zwingen die Automobilindustrie zu emissionsarmen Produktionsprozessen und klimaneutralen Fahrzeugen. Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Lieferketten und natürlich der Ausbau der Elektromobilität stehen auf dem Plan. Besonders für Dich als Ingenieur:in gilt es hier noch die eine oder andere spannende Herausforderung anzugehen: ob in der Erforschung neuer Antriebstechnologien (z. B. mit Wasserstoff) oder mit Fokus auf Batterietechnologien (z. B. Feststoffbatterien).

Vernetzung und autonome Technologien

In Zukunft – so die Vision – sollen Autos nicht nur eigenständig fahren, sie sollen auch miteinander und mit ihrer Umgebung kommunizieren können. Autonomes Fahren ist dabei einer der spannendsten Bereiche: Technologien wie fortschrittliche Fahrassistenzsysteme (ADAS) sind schon heute im Einsatz und ebnen den Weg zu vollständig autonomen Fahrzeugen. Sicherheit steht bei der Entwicklung solcher Systeme natürlich an erster Stelle. Ein weiteres wichtiges Thema sind deshalb auch Car-to-Car- und Car-to-Infrastructure-Technologien, die das Auto in vernetzte Infrastrukturen eingliedern. Hier soll dann natürlich auch KI zum Einsatz kommen: Intelligente Routenplanung, Verkehrsmanagement aber auch Sicherheitsfeatures, die Gefahren frühzeitig erkennen oder sogar prognostizieren sind vielversprechende Einsatzfelder.

Polarisierung der Automobilindustrie: Zwischen Luxus und Massenmarkt

Ein weiteres Schlüsselthema, das zum Beispiel die Unternehmensberatung Roland Berger in ihrem Report zur Zukunft der Automobilindustrie „Automotive 2040“ nennt, ist die Polarisierung innerhalb der Branche. Die Autowelt teilt sich demnach immer deutlicher in zwei Richtungen: Auf der einen Seite stehen hochpreisige, individuell angepasste Fahrzeuge, mit innovativen Features und personalisierten Lösungen. Und dann auf der anderen Seite dagegen kostengünstigere Massenmodelle. Das bringt nicht nur Herausforderungen für die Produktentwicklung, sondern auch für die Produktion mit sich. Statt Fließbandarbeit setzen Hersteller vermehrt auf flexible und modulare Fertigungsansätze, die eine effiziente Individualisierung ermöglichen. In der Smart Factory sorgen Digitalisierung und Automatisierung dafür, dass Produktionsprozesse schneller, smarter und anpassungsfähiger werden. Dabei spielen hochmoderne Robotiksysteme eine Schlüsselrolle, die präzise, wiederholbare Aufgaben wie Schweißen, Lackieren oder die Montage von Bauteilen übernehmen.

Urbane Mobilität: Von Mikromobilität bis Mobility as a Service (MaaS)

Auch einen Blick über den Tellerrand sollten wir wagen, denn Individualverkehr ist häufig nicht der beste Weg. Immer mehr Menschen leben in urbanen Räumen, wo Platz, Energie und Umweltbelastung eine zentrale Rolle spielen. Mikromobilität ist hier das Gebot: E-Scooter, (E-)Bikes und kompakte Elektrofahrzeuge sind in der Stadt oftmals geeigneter als der Allrad-SUV. Für die Automobilindustrie bedeutet das, dass Fahrzeuge kleiner, wendiger und vor allem umweltfreundlicher werden müssen. Ein weiterer Megatrend ist Mobility as a Service (MaaS): Carsharing, Ride-Hailing und Abo-Modelle sind für viele Städter:innen praktischer als ein eigenes Auto. Perspektivisch sind Fahrzeuge natürlich auch ein wesentliches Element der Smart City: Sie werden Teil eines vernetzten Ökosystems, das Verkehr, Energieversorgung und Infrastruktur miteinander verbindet.

Deine Ingenieur-Karriere in der Automobilindustrie

Die Automobilindustrie beschränkt sich nicht nur auf die großen Automobilhersteller, auch wenn diese einen sehr großen Anteil der Arbeitsplätze bieten: Viele Fahrzeugingenieure sind bei einem der 3 großen deutschen Automobilkonzerne angestellt. Aber auch Zulieferer für die Automobilindustrie sind attraktive Arbeitgeber für Dich als Ingenieur. Ein Großteil der fahrzeugtechnischen Innovationen findet bei den Zulieferern und Herstellern von Automotive-Komponenten aller Art statt.

Insbesondere Elektrotechnik wird häufig extern eingekauft – genau wie spezielle Verbundwerkstoffe für Fahrzeugteile, die widerstandsfähig und gleichzeitig immer leichter werden. Auch die Informationstechnologie wird in der Automobilindustrie immer wichtiger. Vom Infotainmentsystem bis hin zu Fahrassistenz, Telematik und künstlicher Intelligenz, die das Auto zu einem intern und extern vernetzten "Computer auf Rädern" machen. Darüber hinaus kannst Du bei Ingenieurdienstleistern für die Automobilindustrie und im Prüf- und Sachverständigenbereich arbeiten. Oder Du gestaltest selbst die Fahrzeuge der Zukunft als Entwicklungsingenieur:in: Deine Aufgaben reichen von der Konzeption neuer Antriebe, wie Elektro- und Wasserstoffsystemen, über die Integration autonomer Fahrfunktionen bis hin zur Optimierung klassischer Komponenten wie Motoren, Karosserien und Fahrwerke.

Ingenieur-Jobs in der Automobilindustrie findest Du in allen Bundesländern. Durch die dort ansässigen Großkonzerne bietet Süddeutschland die größte Auswahl an Arbeitgebern, aber auch in anderen Regionen gibt es Automobilhersteller und Zulieferer. Die meisten Unternehmen aus der Automobilindustrie sitzen in Baden-Württemberg und Bayern, danach folgen NRW und Ostdeutschland. Was machen Ingenieure in der Entwicklung? | get in Engineering. Im Norden sind die Automobilhersteller eher mäßig vertreten.

Als Ingenieur-Berufseinsteiger in der Automobilindustrie verdienst Du im Durchschnitt 51.300 € brutto im Jahr. Dabei ist Dein Gehalt noch vom Berufsfeld, Deinem Abschluss, der Unternehmensgröße und dem Bundesland abhängig. Wie viel Du mit Deinen individuellen Voraussetzungen verdienen kannst, erfährst Du in unserem Gehaltsrechner.

Kurz gesagt:
  • Die deutsche Automobilindustrie steht vor großen Herausforderungen: Digitalisierung, Elektromobilität und Nachhaltigkeit prägen den Wandel.
  • Umsatzstark, aber krisenbehaftet: Globale Marktveränderungen belasten die Branche.
  • Zukunftstrends sind Dekarbonisierung, Vernetzung, autonome Technologien und urbane Mobilitätslösungen.
  • Als Ingenieur:in erwartet Dich eine spannende Karriere bei Herstellern, Zulieferern und Dienstleistern.

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