Perfektionismus im Ingenieurwesen – eine Frage des Gleichgewichtes

Wie Du den Bug zum Feature machst

Katrin Dietz
Person balanciert auf einem Seil über eine Schlucht.

Ich erinnere mich an eines meiner ersten Vorstellungsgespräche nach dem Abitur… ich wollte ein Duales Studium antreten. Das Kennenlerngespräch verlief ganz klassisch und irgendwann kamen wir auf den Punkt der persönlichen Stärken und Schwächen. "Was würden Sie sagen, was sind Schwächen von Ihnen?", war die Frage des Interviewers und ich antworte "Naja, ich bin schon manchmal etwas perfektionistisch".

Perfektionismus war zu der Zeit (heute eher nicht mehr!) eine sehr gute Antwort auf diese Frage, denn die vermeintliche Schwäche hatte auch etwas unbestreitbar Gutes in sich. So wollte ich – taktisch klug – meinen hohen Anspruch an Qualität noch deutlicher machen. Und es hat damals auch funktioniert, ich habe die Stelle bekommen.

Doch ist Perfektionismus überhaupt eine wünschenswerte Eigenschaft für Ingenieur:innen? Ist er sogar der Antreiber des Ingenieurwesens? Und wie finden wir die Balance aus Perfektionismus und Produktivität? Schauen wir uns das an!

Die Rolle des Perfektionismus im Ingenieurwesen, Antreiber oder Hindernis?

Das Streben nach Perfektion ist in der technischen Entwicklung Treiber der Innovation. Als Ingenieur:in optimierst Du, findest Lösungen, verbesserst sie wieder und legst dabei Wert auf Präzision und Qualität. Du orientierst Dich vor allem an Zahlen, Daten und Fakten, blickst sachlich auf die Welt. Genauigkeit und Effizienz gehören ebenfalls dazu. Eben diese Gründlichkeit hilft Dir dabei, Fehler im Produkt zu minimieren und zufriedene Kund:innen zu erreichen.

Das Streben nach Perfektion motiviert also Ingenieur:innen, immer neue, innovative Ansätze zu finden, um bestehende Probleme zu lösen. Dabei ist wichtig, dass diese Lösungen umsetzbar, effizient und wirtschaftlich sind. Dies gelingt Dir, indem Du bei aller Detailarbeit auch das Wesentliche im Blick behältst und zudem auch pragmatische Ansätze verfolgst. Ingenieur:innen müssen daher in der Lage sein, ein Gleichgewicht zwischen Genauigkeit und Effizienz zu finden. Kommt dieses Gleichgewicht ins Wanken, so lauern gleich mehrere Gefahren.

Übermaß an Perfektionismus

Problematisch wird es, wenn Ingenieur:innen wirklich immerzu nach der allerbesten Lösung streben. Auch z.B., wenn es lediglich darum geht, eine Backup-Präsentationsfolie zu gestalten. Da rücken sie noch das Bild um den letzten Millimeter, überlegen doch nochmal, ob die Schriftart passt usw... Und schon sind drei Stunden vorbei, obwohl der eigentliche Inhalt schon nach 60 Minuten fertig war. Dabei verlierst Du die eigentliche Priorität und als Ingenieur:in damit das Gesamtziel aus den Augen. Nie enden wollende Projekte und Unzufriedenheit sind das Ergebnis.

Was macht zu viel Perfektionismus mit uns?

Überzogener Perfektionismus führt z.B. dazu, dass wir keinerlei Fehler mehr tolerieren und die Erwartungen an uns selbst und andere immens hoch werden. Das wiederum resultiert darin, dass wir uns selbst blockieren. Wir geben uns das Gefühl, nicht gut genug zu sein und immer noch bessere und perfektere Ergebnisse liefern zu müssen. Im Extremfall manövrieren wir uns so in Richtung eines ernsten Burnouts.

Ursachen und Symptome

Wir verbinden unsere Erfolge und unsere Leistungen mit unserer Persönlichkeit und unserem Wohlbefinden. Das erzeugt hohen Druck, wir fürchten uns regelrecht vor Fehlern. Auch die Angst vor Kritik schürt das Bestreben nach Perfektion. Wir nehmen alles Gesagte persönlich, es ist schwer zwischen sachlicher Kritik und persönlichem Angriff zu unterscheiden.

Beim Blick auf die Arbeitsaufgabe sind wir manchmal gehemmt, überhaupt anzufangen, der Berg erscheint riesig und wir wollen von Anfang an alles richtig machen. Und wenn wir begonnen haben, verfangen wir uns in einem Tunnelblick: Egal, was wir schon erreicht haben, wie viele Zwischenergebnisse gut waren, es ist nie gut genug. Wir kennen kein Ende der Optimierung.

Auch Entscheidungsschwierigkeiten gehören zu den Symptomen eines überzogenen Perfektionismus: Wir wollen immer die allerbeste Option wählen und bauen so erneut gigantischen Druck auf uns auf. Das kostet sehr viel Energie und führt zu dauerhaftem Stress.

Außerdem: Wer übermäßig viel Zeit in die Perfektionierung seiner Aufgaben steckt, für den verleibt nicht genug Zeit für alles. Das belastet. Vielleicht werden dann freiwillig Überstunden gemacht oder die Arbeit mit nach Hause genommen. Der Grat zur Selbstausbeutung wird schmal.

Die Kunst, das Gleichgewicht zu finden

Als IT-Sicherheitsberater ist es Deine Aufgabe, wertvolle Daten Deines Unternehmens und seiner Kunden zu schützen. Als unternehmensinterner Mitarbeiter oder externer Dienstleister stellst Du Dich digitalen Gefahren wie Viren, Cybervandalismus, also dem Löschen oder Verändern von Dateien, oder Wirtschaftsspionage. Gerade in Zeiten, in denen Unternehmen mobile Endgeräte und Cloud-Lösungen intensiv nutzen, wird das Schützen großer Datenmengen, die jederzeit abgerufen werden können und müssen, immer komplexer und kritischer.

Den Perfektionismus überwinden: 7 Tipps für Ingenieur:innen

1. Lerne zu unterscheiden: Wann und für welche Sachverhalte ist das Streben nach Perfektion angemessen, erforderlich oder hilfreich und wann gilt ein "better done than perfect"?

2. Klare Zielsetzung: Wenn Du eine Arbeitsaufgabe beginnst, stelle sicher, dass Du auch das Ziel kennst. Definiere vorher, wann und mit welchem Ergebnis die Aufgabe erfolgreich abgeschlossen ist, und was die Schlüsselaspekte dabei sind. Alle Bemühungen sollen sich darauf ausrichten.

3. Ressourcenschonende Planung: Realistische Zeit- und Erwartungsrahmen, kleine Schritte und Zwischenziele sichern den Projekterfolg und mindern den Druck für alle Beteiligten.

4. Prototyping (nicht nur für Produkte): Wenn Du Dich einer neuen Aufgabe stellst, wirst Du nicht von Anfang an perfekte Ergebnisse erreichen. Lerne, das zu akzeptieren und nutze die Methode des Prototypings. Taste Dich Schritt für Schritt an das finale Ergebnis ran.

5. Arbeitsumfeld: Nutze Dein Umfeld und externe Perspektiven. Regelmäßiges Feedback von Kollegen, Vorgesetzten oder Experten hilft, blinde Flecken aufzuzeigen und den Fokus zurück auf das Wesentliche zu lenken.

6. Selbstreflexion: Kenne Deine Stärken und auch die Themen, in denen diese nicht so ausgeprägt sind. Das Bewusstsein darüber beruhigt ungemein und verhilft zu mehr Selbstsicherheit. Prüfe auch, was Du selbst von Dir und über das Machen von Fehlern denkst. Gibt es versteckte Glaubenssätze? Diese könnten sein: "Ich bin noch nicht gut genug, um XY zu tun" oder "Wenn ich Fehler mache, halten die Kolleg:innen mich für doof" oder auch "Ich bin nur gut, wenn meine Arbeit wirklich perfekt ist." Schreibe diese am besten auf und verändere nach und nach diejenigen, die Dir nicht gut tun.

7. Fehler als Entwicklungschance: Ein Gleichgewicht aus Perfektionismus und Effizienz ist für Ingenieur:innen von großem Wert. Nicht nur die rechtzeitige Fertigstellung von Projekten wird ermöglicht, auch die persönliche Entwicklung profitiert davon. Denn Fehler sind unvermeidlich und viel mehr auch Chancen, sich zu verbessern und dazuzulernen. Und das trägt dazu bei, als Ingenieur:in auf lange Sicht erfolgreich zu sein.

Perfektionismus als Werkzeug zu nutzen und gleichzeitig effizient zu arbeiten, ist ein entscheidender Skill für junge Ingenieur:innen. Mit den Tipps findest Du das Gleichgewicht und machst aus dem Bug ein Feature!

Kurz gesagt:
  • Perfektionismus als Streben nach hoher Qualität, Innovation und letztendlich die Zufriedenheit der Kund:innen hat zweifellos seinen Platz im Ingenieurwesen.
  • Übermäßiger Perfektionismus ist jedoch schädlich für die Gesundheit und persönliche Entwicklung und hemmt auch Deine Fähigkeit, innovative Lösungen zu entwickeln, die technisch solide und auch effizient sind.
  • Eine Schlüsselqualifikation für Ingenieur:innen liegt also darin, die Balance zu finden, den Unterschied zu erkennen und auch umsetzen zu können: Wann ist absolute Präzision angemessen und richtig und in welchen Situationen reicht auch ein nur "gutes" Ergebnis völlig aus?

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