Wissenschaftliche Forschung im Fokus: Die Promotion für Ingenieure

Interview mit Prof. Dr. Thomas Bauernhansl, Maschinenbauingenieur und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierungstechnik

Tim Lamkemeyer
Person schaut durch Mikroskop

In seinem Podcast ROCKETENGINEERS spricht Lennard Hermann alle 2 Wochen mit erfahrenen Ingenieuren, Führungskräften oder Beratern über die wichtigsten Learnings auf ihrem Berufsweg. Lennard hat an der RWTH Aachen mit einem Zwischenstopp in Kanada Maschinenbau studiert und arbeitet aktuell als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Fertigungstechnik.

Diese Woche erfährst Du von Prof. Dr. Thomas Bauernhansl, wieso man die eigene Karriere regelmäßig kritisch hinterfragen sollte, warum er aus der Industrie in die wissenschaftliche Forschung gewechselt ist und wie sich die Forschungsarbeit in Unternehmen und Hochschulen unterscheidet. Prof. Dr. Bauernhansl hat an der RWTH Aachen Maschinenbau mit der Vertiefung Fertigungstechnik studiert. Inzwischen leitet er das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierungstechnik sowie das Institut für industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb.

Prof. Dr. Thomas Bauernhansl

Prof. Dr. Thomas Bauernhansl

Diese Woche erfährst Du von Prof. Dr. Thomas Bauernhansl, wieso man die eigene Karriere regelmäßig kritisch hinterfragen sollte, warum er aus der Industrie in die wissenschaftliche Forschung gewechselt ist und wie sich die Forschungsarbeit in Unternehmen und Hochschulen unterscheidet. Prof. Dr. Bauernhansl hat an der RWTH Aachen Maschinenbau mit der Vertiefung Fertigungstechnik studiert. Inzwischen leitet er das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierungstechnik sowie das Institut für industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb.

Experten-Tipp: Behalte die Möglichkeit einer Promotion im Blick – auch wenn Du schon im Berufsleben bist

ROCKETENGINEERS: “Wir versetzen uns mal in die Situation, dass jemand gerade das Studium beendet hat oder den Job wechseln will und jetzt überlegt, zu promovieren: Für welche Ingenieure, für welchen Typus, ist das der richtige Weg, um eine erfolgreiche Karriere zu starten?”

Prof. Dr. Thomas Bauernhansl: “Wenn ich so meine Leute anschaue, sind die natürlich alle eher unternehmerisch angehaucht:

  • Die haben Spaß an neuen Dingen.
  • Die haben Spaß daran, mal etwas auszuprobieren und etwas zu riskieren.
  • Die nehmen sich gerne viel vor.

Auf der anderen Seite ist es aber glaube ich grundsätzlich so, wenn man promoviert, dass man auch ein hohes Maß an intrinsischer Motivation braucht. Es muss von innen kommen. Man muss diesen Wunsch und den Willen haben, lange Zeit an einem Thema zu bleiben und sich auch wirklich in so ein Thema hineinzuvertiefen. [...]

Die ingenieurwissenschaftliche Promotion ist natürlich eine, die im Vergleich zu anderen Promotionen auch relativ lange dauert. Wir reden hier über einen Zeitraum zwischen 3 und 6 Jahren. Über so eine lange Zeit muss man den Willen und die Motivation haben, auch dranzubleiben. Das zeichnet eigentlich Ingenieure aus, die promovieren und das hilft dann später auch im Berufsleben, wenn man die Promotion durchgezogen hat. Dann weiß man eben, dass man lange und intensiv an einem Thema dran bleiben kann und man ist in der Lage, ein Thema eigenständig zu erarbeiten. Das schafft ein gewisses Maß an Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.”

Unser Tipp: Nach ein paar Jahren in der wissenschaftlichen Forschung kannst Du als Fachexperte im Unternehmen durchstarten

Nach dem Studium können es die meisten Ingenieure kaum erwarten, endlich in einem Startup, mittelständischen Unternehmen oder Konzern zu arbeiten und eigene Produktions-, Forschungs- oder Entwicklungsprojekte zu übernehmen. Die beiden am stärksten verbreiteten Einstiegsvarianten für Absolventen sind der Direkteinstieg und das Traineeship. Deutlich weniger beliebt ist unter Ingenieuren dagegen die Möglichkeit, nach dem Master noch ein paar Jahre an der Uni zu arbeiten und zu promovieren. Für die Dissertation entscheiden sich nur rund 20 % der Ingenieure mit Diplom- oder Masterabschluss, obwohl der Weg zum Doktortitel ebenfalls sehr spannend ist und Dich gut auf die Arbeit in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in Unternehmen vorbereitet.

Ein Grund, wieso sich wenige Ingenieur-Absolventen für die Promotion entscheiden, ist das vergleichsweise geringe Gehalt, das man während dieser Zeit verdient. Langfristig kann es sich für Dich aber durchaus lohnen, wenn Du nach der Uni nicht direkt in einem Unternehmen durchstartet, sondern ein paar Jahre an einer Hochschule forschst. Wenn Du als promovierter Ingenieur in ein Unternehmen gehst, verdienst Du pro Jahr nämlich durchschnittlich 55.500 € brutto – und damit 10.000 € mehr als Deine Kollegen, die mit einem Masterabschluss in der Industrie durchgestartet sind. In unserer Gehaltsstatistik kannst Du übrigens noch mehr spannende Infos rund um Dein individuelles Ingenieur-Gehalt finden, etwa wie sich das Bundesland, in dem Du arbeitest oder die Unternehmensgröße auf Deinen Lohn auswirken. Manche Ingenieure schrecken aber auch vor der Promotion zurück, weil es etwa keine Garantie dafür gibt, am Ende tatsächlich den Doktortitel verliehen zu bekommen.

Eine Promotion lohnt sich für Dich aber nicht nur finanziell – in der langfristigen Betrachtung, sondern Du kannst auch während Deiner Forschungszeit an der Uni viel relevantes Knowhow und eine Menge Soft Skills aufbauen – und Dir so gute Voraussetzungen erarbeiten, wenn Du doch irgendwann in der Wirtschaft einsteigen möchtest.

Du hast weniger Druck beim Forschen

Wenn Du in der Forschungsabteilung in einem Unternehmen arbeitest, hast Du immer den Anspruch und die Vorgabe von Deinen Vorgesetzten, in möglichst kurzer Zeit Forschungsergebnisse zu erzielen, die sich praktisch und im Idealfall günstig umsetzen lassen. Wenn Du wissenschaftlich forschst und auf Deinen Doktortitel hin arbeitest, kannst Du Dich aber z.B. auch auf die Grundlagenforschung mit bestehenden Rohstoffen oder hochspezialisierte Themen wie Untersuchungen zur elektromagnetischen Verträglichkeit von Radiofrequenz-Ionentriebwerken konzentrieren. Du hast also 3 bis 6 Jahre Zeit, in einem Thema, das Dich persönlich interessiert, zu forschen und zum Experten zu werden – ohne am Ende ein wirtschaftlich profitables Ergebnis liefern zu müssen, denn manchmal wird der Wert Deiner Erkenntnisse erst Jahre später erkannt. Im Idealfall findest Du ein Unternehmen, das eine Promotion mit einem vorgegebenen Thema in genau dem Fachbereich ausschreibt, der Dich interessiert – und kannst dadurch praxisnah und finanziell abgesichert Deine Dissertation schreiben.

Du wirst zum absoluten Fachexperten

Deine Kommilitonen, die nach dem Masterabschluss im Ingenieurwesen durchstarten, sind noch vergleichsweise breit aufgestellt und müssen sich die fachliche Expertise und das Ansehen im Unternehmen erst noch erarbeiten. Wenn Du nach dem Master noch mind. 3 Jahre in die Promotion investierst und Dich in der gesamten Zeit mit einem oder zwei Themen tiefgründig auseinandersetzt – und vielleicht sogar weitreichende Ergebnisse erzielst – ist den Personalverantwortlichen und Kollegen in Unternehmen direkt klar: “Der Ingenieur oder die Ingenieurin ist auf diesem Fachgebiet ein absoluter Profi und in der Lage, sich besonders tief in schwierige Themengebiete einzuarbeiten."

Du kannst Deine Soft Skills in der Praxis unter Beweis stellen

In einem Unternehmen musst Du natürlich mit Deinen Kenntnissen in Maschinendynamik, Materialwirtschaft oder Feststoffverfahrenstechnik überzeugen. Darüber hinaus sind aber auch Deine Soft Skills wichtig, damit Du Dein Team optimal ergänzt und das Unternehmen nach vorne bringen kannst. Während Deiner Promotion wirst Du Dich zwangsläufig intensiv mit Zeit- & Projektmanagement auseinandersetzen und durch Deine Ergebnisse auch belegen, dass Du diszipliniert und ehrgeizig bist und Durchhaltevermögen besitzt. Außerdem gibt es häufig auch internationale Projekte, in denen Du mit Promovenden aus anderen Ländern zusammenarbeitest und so auch Deine interkulturelle Kompetenz oder Sprachkenntnisse verbessern kannst.

Nach dem Masterabschluss steigen die meisten Ingenieure direkt bei einem Unternehmen ein oder entscheiden sich für ein Traineeship. Wenn Du für ein ganz bestimmtes Thema Feuer gefangen hast, wenn Dich die Neugier treibt, aktiv zum Forschungsstand beizutragen und Du zum Fachexperten werden möchtest, lohnt es sich für Dich auf jeden Fall, über die Möglichkeit der Promotion nachzudenken und erst anschließend in der Industrie Dein geballtes Knowhow einzusetzen.

Das ganze Interview im Podcast anhören

Prof. Dr. Thomas Bauernhansl hat zuerst berufliche Erfahrungen in der Industrie gesammelt und ist dann in die wissenschaftliche Forschung zurückgekehrt. In Folge 60 im ROCKETENGINEERS Podcast erzählt er Dir, wieso er diesen Schritt gegangen ist, wie sich die Forschungsarbeit von Hochschulen und Unternehmen unterscheidet und welche Aspekte für ihn bei der Karriereplanung besonders wichtig sind.

DARUM GEHT'S IN FOLGE 60:

  • 01:15 – Prof. Dr. Thomas Bauernhansl stellt sich vor
  • 04:15 – Wieso ist er aus der Industrie in die Forschung gewechselt?
  • 06:30 – Wieso sollte man regelmäßig die eigene Karriere hinterfragen?
  • 08:00 – Wie sieht das Prinzip von Fraunhofer aus?
  • 09:45 – Welche Learnings gab es für sie beim Wechsel von der Hochschule ins Unternehmen?
  • 12:45 – Für wen ist die Promotion der richtige Weg?
  • 15:30 – Welche Eigenschaften lernt man neben dem technischen Knowhow während der Promotion?
  • 20:00 – Welche Unterschiede gibt es zwischen der Forschungsarbeit in Unternehmen und an einer Hochschule?
  • 23:15 – Kann man auch nach einigen Jahren Berufserfahrung noch promovieren?
  • 25:30 – Welche Aspekte zählen bei der Karriereplanung am meisten?
  • 30:00 – Welche Grundeinstellungen und Eigenschaften machen erfolgreiche Ingenieure aus?

    Gesamtlänge der Folge: 33:10 Min

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